Während des zweiten Weltkriegs wurden in Deutschland unzählige neue Technologien entwickelt, die meisten davon fielen zum Ende des Krieges den amerikanischen Truppen in die Hände. Viele dieser Technologien verschwanden direkt aus der deutschen Geheimhaltung in die amerikanische Geheimhaltung und unterliegen zum Teil heute noch einer inzwischen unsinnigen Archivsperre ! Natürlich wurden dennoch einige Details dieser „besonderen“ Technologien bekannt, so das die Entwicklungen als solches nichts neues sind, die Einzelheiten aber dagegen immer noch im dunkeln liegen. So auch einer der spektakulärsten Entwicklungen dieser Zeit , von der es nicht mehr zu berichte gibt als man über eins der sieben Weltwunder berichten könnte ! Allerdings währe der vergleich zwischen Weltwunder und einem zum Mythos hochstilisierten Terror Waffe, die nicht mehr war als ein zu Papier gebrachter Gedanke, völlig fehlplatziert ! Die rede ist von „A9/A10“ das heute wohl eher unter der Bezeichnung „Amerika Rakete“ bekannt ist . In der Vorstellung einer kleinen Fan- Gemeinde rund um den Globus wird diese Rakete als erste Interkontinentalrakete gesehen die gleichzeitig auch Träger der ersten Atombombe hätte sein sollen ! Nicht nur das viele aus dieser „A9/A10“ und „Deutschen Atombomben- Fan- Gemeinde, der Meinung sind das diese Rakete entwickelt wurde, sondern sie gehen auch davon aus das diese Raketen auch getestet wurde ! Worauf die Anhänger der „Amerika Rakete“ ihr Wissen berufen bleibt aber ebenso wie die Dokumente, die diesen Mythos aufklären könnte, im Dunklen verborgen ! An stelle von Dokumenten werden aus dem wenigen bekannten mit sehr viel Phantasie Spekulationen an den Tag gelegt, die dann nach einigem hin und her zitieren, zu vermeintlichen Fakten pervertiert als Wahrheit dargestellt zum besten gegeben werden . Mit einer seriösen Publikation von ernsthafter Geschichtsforschung hat das wenig zu tun und welchen Sinn derartiges Treiben haben soll wird denen die mit dem nötigen Ernst an die Sache gehen wohl ewig verschlossen bleiben. Wie dem auch sei, festzustellen ist auf jeden Fall das bereits 1945 kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges die tollsten berichte über die angebliche „Amerika Rakete“ veröffentlicht wurden. Diese zwei- Stufenrakete, so wie sie heute dargestellt wird und angeblich mit der Absicht New York mit einer Atombombe zu zerstören ,entwickelt werden sollte, dürfte aber unter genauerer Begutachtung wohl ein Produkt der Phantasie sein und ihren Ursprung im aufkommenden Kalten Krieg der Ost und Westmächte haben ! Richtig ist natürlich das zum Beispiel anhand erhaltener Dokumente und Berechnungen der Ort New York als Ziel einer Interkontinentalen Rakete auftaucht, in gleicher weise wie in einer Berechnung neben New York noch 2 weitere Orte mit Längen- und Breitengradangaben zu erkennen sind! Offensichtlich übersieht man aber heute gerne die anderen Ziele! New York war zu beginn der Berechnungen (nach meiner Meinung ! ) nur ein Beispiel, aber weniger eins zum beschießen, sondern als Reichweitenbeispiel !
Grundsätzlich kann man davon ausgehen das es so gut wie
keine sachlich richtige Veröffentlichung weder in Buchform noch im Internet
gibt.
Die meisten Berichte sind von den Autoren mangels
Sachkompetenz mehr oder weniger aus der Nase gezogen, egal ob auf Wikipedia,
Astronautix.com oder sonst einer der unzähligen Webseiten ! Um dem ein bisschen entgegen zu wirken habe
ich ein paar Stichworte aufgeführt die durch Dokumente aus dem Bundesarchiv und
dem des Deutschen Museum belegt werden können.
Das Zweistufige Aggregat (
fälschlicherweise als A9/A10 bezeichnet )
Zweistufiges Aggregat
entsprechend der Zeichnung : Bildnummer
B 88/41 BSM
A4 + A10 (
100 t Gerät ) 29.11.1939 618/gkdos
Die älteste mir
bekannte Berechnung eines zweistufigen Aggregat mit sehrgroßer Reichweite ist
auf den 29.11.1939 datiert und beschreibt die Kombination eines Aggregat 4 mit
einem Aggregat 10 mit 100 t als Trägerstufe.
4.12.1941
Gleiter A4 V13e (
siehe auch : http://www.v2werk-oberraderach.de/Irrtuemer/5-I.htm
)
In einem Bericht
vom 21.1.1941 zum Stand der Entwicklung der Gleitaggregate am 1.1.1941 wird
eine Form des A4 Gleiters, eine
Parallelentwicklung mit der Bezeichnung A4 V13 als eine spezielle Formauswahl
für eine mögliche Kombination des A10 und einem Gleitaggregat beschrieben.
Im Archiv des
Deutschen Museums befindet sich ein Foto mit der HAP- Bildnummer B 88/41 BSM,
dieses zeig eine Zeichnung vom 10.6.1941. Auf dieser Zeichnung ist ein
Aggregatsmuster A4V13 in Kombination mit einem A10 zu sehen. Bei beiden
Aggregate ist über die
Treibstoffgewichtsangaben feststellbar, das es sich um HNO3 – Gasöl Geräte
handelt. Im gleichen Bericht vom
21.1.1941 wird ein Gleiter mit der Form A4 V 12 c ( die Grundlage des späteren
A9 ) mit einer Reichweite von 500 kg
genannt. Die Daten der zweiten Stufe (B 88/41 BSM ) werden wie
folgt angegeben:
t-Stoff 350 kg
( keine Angabe
über Schubleistung )
Vergleicht man diese
Angaben mit denen der HNO3 – Gasöl Geräte Entwicklung ( später A8 ) z.B. aus
dem „Bericht zum Stand der Vorarbeiten vom 20.6.1941“ . Bl.Nr. 637/41 gk Dr.
Th., (siehe auch : http://www.v2werk-oberraderach.de/Irrtuemer/A8.htm )
Lehrgewicht 3910
kg
Treibstoffgewicht 12000
kg
t-Stoff 350 kg
Angenommene WA =
2200 m/sec. Brennzeit ca. 104 sec.
und 430 km
Reichweite.
Stellt man fest
dass, das Lehrgewicht ohne Nutzlastspitze des A4V13 um gerade mal 90 kg höher
liegt als das des reinen A4 HNO3 – Gasöl Gerätes.
Geht man davon
aus dass, das Gerät ein festgelegtes Maximum Startgewicht von 16260 kg haben
sollte und die zusätzliche Flügelfläche nur 90 kg betragen hätte ( was mit
Sicherheit nicht ausgereicht ), wäre
eine Reduzierung der Treibstoffmenge zu Gunsten des Gesamtgewichtes denkbar.
Allerdings wäre dann auch eine
Reduzierung der T- Stoffmenge logisch gewesen . Weniger Sinn ergibt die
Angegebene Treibstoffmenge der Zweiten Stufen wenn man sich bewusst macht das
diese endsprechend der HNO3 – Gasöl Triebwerksentwicklung für eine Brennzeit
von ca. 104 sec. ausgereicht hätte und nicht wie fälschlicherweise meist
behauptet 55- bis 60 sec. ! Vergleicht
man die zweite Stufe aus der Zeichnung dann aber mit den Gewichtsangaben des A4
vom 2.1.1945 stellt man fest dass, das Lehrgewicht ohne Nutzlast ebenfalls mit 3000
kg angegeben wird.
A4 :
T-Stoff 175 kg
Brennzeit ca. 60
sec.
Reichweite ca.
300 km
Gesamtgewicht
12700 – 12900 kg
Wenn man nun
zusammenfasst was es tatsächlich an Fakten zum zweistufigen Aggregat gib,
stellt man fest das es bisher nur eine Darstellung eins solchen zweistufige
Rakete gibt die aus der zeit vor Kriegsende stammt. Diese Zeichnung ist das
angesprochene Foto aus dem Bildbestand des Deutschen Museums und zeig eine
möglicherweise nachträglich veränderte Darstellung der A4 – A10 Kombination
vom 29.11.1939. Bei der gezeigten
Kombination Handel es sich wie bereits genannt um ein HNO3 – Gasöl Gerät das
auf Daten basiert die bereits zum Entstehungszeitpunkt der Zeichnung veraltet
waren . Die Wahrscheinlichkeit das diese Zeichnung nachträglich angepasst wurde
ist zur zeit eher anzunehmen als das diese Zeichnung eine korrekt und
authentische Darstellung wäre !
Verschiedene gerade noch akzeptabeler vom Bild B 88/41 BSM abgeleitete zweistufen-
Aggregat- Darstellungen die aber dennoch alles andere als
historisch korrekt b.z.w. belegbar sind . Alle sonst noch
exsistierende Darstellungen sind maximal Künstlerische Interpretationen des
Themas A9-A10 Rakete und können bisher kaum ernst genommen werden.
Reichweitendarstellung
Fast jeder Autor der über die Reichweite des zweistufigen
Aggregates b.z.w der Kombination A9/A10 berichtet, nutzt nachfolgende
Graphische Darstellung der Reichweite :
Kaum einer, besser keiner der Autoren zeigt diese Graphik in seiner
Vollständigkeit ! Man untertittelt diese Darstellung als A9-A10 Flugbahn, wobei
immer davon ausgegangen wird das diese Stufenrakete der Darstellung nach dem
Bild B 88/41 BSM entspricht, das ist
nicht korrekt !
Auf der vollständigen Graphik befindet sich die korrekte
Bezeichnung der Kombination, die aus einem A18 D und einem Gleiter GL A4 V 12c besteht
.
Sollte es sich bei der Bezeichnung A 18 D nicht um einen
Schreibfehler handeln wäre die Bezeichnung A9/A10 zusätzlich dadurch unkorrekt,
da das zur Trägerstufe Abgeänderte Aggregat 10 wohl die Projektbezeichnung A18
bekommen hätte !
Vollständige Graphik der Flugbahndarstellung der Kombination A10 +
A9 Musterbezeichnung Gl A4 V12c
Nochmals zusammen gefasst :
Das A9 Projekt ist „nicht“ der Nachfolger des A4b.
Das A9 Projekt ist „keine“ Rakete mit Interkontinentaler
Reichweite.
Das A7 Projekt ist „keine“ bemannte A9.
Das A9 Projekt ist „nicht“ die zweite Stufe des zweistufigen
Aggregates.
Das A9 Projekt ist ein A4 Gleitaggregat der Form A4V12c mit ca.
550 km Reichweite.
Das Projekt zweistufiges Aggregat ( A9/A10 ) ist im ursprünglichen
Vorschlag eine Kombination A10 + A4 ( 1939) und ab Ende 1941 ein Gleitaggregat
der Form A4V13.
Das A4b ist eine vereinfachte Ausführung des A9.
Das A7 Projekt ist ein Gleitaggregat der Form A5V12c ( A5 mit
Flügel ).
Das A8 Projekt ist eine verlängertes A4 mit HNO3 – Gasöl Hochdruckofen
mit ca. 550 km Reichweite.
Eine Projekt „bemannte A9“ ist nicht belegbar.
Auf das A4 Basierende Projekte von Gleitaggregate mit Fahrgestell
, Zusatztriebwerke, drei oder noch mehr Stufige Aggregate gab es nicht oder
sind nicht belegbar.
Wer der Meinung ist meine Ausführungen seien nicht korrekt und
meint dis mit Dokumenten aus der zeit bis zur Kapitulation 1945 belegen zu
können, darf sich gerne bei mir melden ! Dokumente und Zeugenaussagen aus der
Zeit nach der Kapitulation sind keine Belege, sie widersprechen oft den
Originaldokumenten oder verfälschen die tatsächliche Zusammenhänge !
©2004 Thomas Kliebenschedel
Text und Textinhalte wurden vom
Autor aus eigener Archivrecherche erarbeitet. Bei Verwendung der Textinhalte
auch auszugsweise ist auf den Autor Thomas Kliebenschedel zu verweise !